„3 Fragen zum Eigentum“ an Christian Lindner
Kurz-Interview mit Christian Lindner, dem Bundesvorsitzenden der Freien Demokraten (FDP) und Vorsitzenden der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag
- Die Deutschen haben eine im europäischen Vergleich niedrige Eigentumsquote, z. B. beim Wohneigentum. Fehlt es uns an einer Eigentumskultur?
Es fehlt in weiten Teilen der Politik der Respekt vor individuellem Eigentum. Von der Gehaltserhöhung greift der Staat die Hälfte ab und auf Ersparnisse gibt es keine Zinsen mehr. Linke Kräfte in Politik und Gesellschaft schüren bewusst Neid, diskreditieren Kleinaktionäre als Spekulanten und Wohneigentümer als Miethaie. In Berlin wird von Grünen, SPD und Linken mit einem verfassungswidrigen Mietendeckel hart in das Eigentumsrecht eingegriffen und ein Volksbegehren unterstützt, das private Vermieter kalt enteignen will. In Hamburg wollen die Grünen den Neubau von Einfamilienhäusern gleich ganz verbieten und die SPD schwadroniert von einer Vermögenssteuer für den Mittelstand. Wir wollen eine Trendumkehr: Eigentumsbildung und wirtschaftlicher Erfolg verdienen Respekt. Der Aufbau privater Vermögenswerte und der Traum von den eigenen vier Wänden müssen durch eigener Hände Arbeit wieder verwirklicht werden können. Das ist auch eine Frage des Aufstiegsversprechens einer Gesellschaft insgesamt. - Was kann die Politik tun, um Menschen Eigentumsbildung zu ermöglichen und den Eigentumserhalt nicht zu gefährden?
Deutschland hat die zweithöchste Abgabenlast in Europa. Wenn wir wollen, dass sich Menschen Rücklagen bilden und Ersparnisse aufbauen können, müssen wir ihnen mehr von ihrem Lohn und ihren Erträgen lassen. Zudem sollten wir den Vermögensaufbau attraktiver gestalten, etwa durch die Wiedereinführung der Spekulationsfrist für Wertpapiere und eine Erhöhung des Sparerfreibetrags. Selbstverständlich müssen wir genauso beim Kauf und Bau von Wohneigentum ansetzen: Wir wollen einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 500.000 Euro beim Kauf des ersten Eigenheims einführen. Damit könnte eine Familie um über 30.000 Euro entlastet werden. Außerdem müssen wir die Bauordnungen entrümpeln, um Baukosten nicht durch unnötige Regularien in die Höhe zu treiben. Und natürlich bleibt die Bereitschaft zum Kauf von Wohneigentum und zum Aufbau von Ersparnissen auch eine Frage der politischen Kultur. Diskussionen über Enteignungen und die Legitimierung von teils gewaltsamen Hausbesetzungen sind fatal. - In Berlin wirbt eine neu gegründete Stiftung intensiv für eine Rechtsform „Verantwortungseigentum“. Wie stehen Sie zu dem Vorschlag?
Eine vergleichbare Rechtsform gibt es bereits im Rahmen von Stiftungsmodellen, die für Unternehmen allerdings oft sehr kompliziert sind. Überlegungen, wie man solche Modelle einfacher und bürokratieärmer gestalten kann, können ein guter und wichtiger Impuls sein. Manche Unterstützer des Vorhabens erwecken aber den Eindruck, herkömmliche Rechtsformen seien im Gegensatz zu diesen Modellen hingegen nicht gemeinwohlorientiert. Das ist falsch und untergräbt das Vertrauen und den Respekt in Unternehmertum. Gewinnabsicht und Gemeinwohl stehen nicht gegeneinander. Im Gegenteil leisten gerade herkömmliche Familienunternehmen und Mittelständler durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Zahlung hoher Steuern auf ihren Gewinn sowie durch gute und innovative Produkte einen wesentlichen Beitrag zum Gemeinwohl. Klar ist deshalb, dass eine Privilegierung neuer Modelle gegenüber bewährten Körperschaften ausgeschlossen werden muss. Es darf keine Moralisierung von Rechtsformen geben.