Was steht im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung zum Thema Eigentum?

Was steht (nicht) im Vertrag?

11 Mal erscheint das Wort Eigentum auf 177 Seiten – und davon sind fünf Mal Formen des vorhandenen oder zu erwerbenden öffentlichen Eigentums gemeint. Die anderen sechs Erwähnungen erfolgen kompakt zum Thema Wohneigentum.

Der Erwerb von Wohneigentum vor allem für – wörtlich – „Schwellenhaushalte“ soll erleichtert werden. Zu diesem Zweck sollen Darlehen leichter als Eigenkapital einsetzbar sein und Tilgungs- sowie Zinszuschüsse zum Einsatz kommen. Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer sollen durch eine verschärfte Besteuerung von Share-Deals gegenfinanziert werden. Auf dem Feld der Unternehmensrechtsformen sollen vor allem gemeinwohlorientierte Unternehmensformen gestärkt werden, etwa durch die Unterstützung gemeinschaftsorientierter Unternehmensfor­men (z.B. Genossenschaften) sowie durch die Einführung einer neuen Unternehmensrechtsform der „Gesellschaft in gebundenem Vermögen“ (GbV). In dieser Konzeption von Wohneigentum primär zur Eigennutzung und der Unternehmensführung zu Gemeinwohlzwecken treten Rentabilitätsmöglichkeiten durch Vermietung oder unter­nehmerische Gewinnerzielung zurück. Das zeigt sich in der Fortschreibung von Mieterschutzvorschriften oder bei dem angesprochenen neuen Unternehmenstypus der GbV mit der Reinvestitionspflicht von Gewinnen. Auf Vermö­gensaufbau für Schwellenhaushalte zielen auch die Vorschläge einer teilweisen Kapitalisierung der Altersvorsorge.

Neue oder höhere Substanzsteuern sind nicht vorgesehen, insbesondere also keine Reaktivierung der Vermögen­steuer und keine Novellierung der Erbschaftssteuer.

Bewertung

Die Ziele der Verbreiterung von Wohneigentum und der Teilkapitalisierung der Altersvorsorge lassen sich als Anerkenntnis der Bedeutung von Eigentum für eine eigenverantwortliche Lebensführung lesen. Schade ist, dass der Koalitionsvertrag die erleichterte Wohneigentumsbildung vor allem durch öffentliche Zuschüsse errei­chen will. Mit einer neuen Rechtsform der „Gesellschaft in gebundenem Vermögen“ droht, die Verbindung von Eigentum, Verantwortung und Haftung verwässert zu werden. Positiv als Respekt vor dem Eigentum hervorzu­heben ist die Nichterwähnung neuer oder höherer Substanzsteuern.

Der Bedarf nach leistungsfähigen Unternehmen gebietet Zurückhaltung bei gesellschaftsrechtlichen Experi­menten. Neue unternehmerische Aktivitäten bereichern Markt und Gesellschaft. Das Gesellschaftsrecht muss dafür aber nicht erweitert werden. Insbesondere darf es nicht zu einer Diskriminierung bestehender Unterneh­mensformen kommen. Die inzwischen bundesweit angespannte Situation auf den Wohnungsmärkten bei zu­nehmenden Warnungen vor Preisblasen und Kreditrisiken verlangt Aufmerksamkeit. Dabei erscheinen Neubau, Abbau von Verfahrenskosten und Bankenaufsicht vordringlicher als die Bereitstellung riskanter Eigenkapitalsur­rogate und öffentlicher Zuschüsse.

 

Artikel aus dem Magazin land als PDF-Artikel (Januar 2022)